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Dissertationsprojekt Mross (Exposee)

Rituale im Wandel: Kôshiki in den Sôtô-Zen-Tempeln Sôjiji und Yôkôji

(Betreuer: Prof. Dr. Klaus Vollmer)

Das liturgische Genre der kôshiki ist eine der Zeremoniegattungen des japanischen Buddhismus. Diese Gattung entstand im späten 10. Jahrhundert im Kontext des Reinen-Land-Glaubens innerhalb der Tendai-Tradition und verbreitete sich in den nachfolgendenJahrhunderten in allen buddhistischen Traditionslinien Japans, u. a. auch in den Zen-Schulen. So führte bereits Dôgen (1200-1253), der Begründer der Sôtô-Schule, im Jahre 1249 ein Rakan kôshiki durch, welches auch heute noch ein- bis zweimal jährlich in den großen Tempeln der Sôtô-Schule vollzogen wird.

Obwohl die westliche Wissenschaft in den letzten zwanzig Jahren begonnen hat, die rituelle Seite des Zen zu untersuchen, wurden dabei kôshiki bisher nicht beachtet. Auch die japanische Zen-Forschung hat kôshiki noch nicht als wichtiges Forschungsfeld erkannt. Um diese Lücke zu füllen, widmet sich das vorliegende Dissertationsprojekt der Entwicklung der kôshiki innerhalb der Sôtô-Schule von ihrer Entstehungszeit bis in die Gegenwart. Da Rituale lokal variieren, wendet diese Arbeit einen lokalgeschichtlichen Forschungsansatz an und konzentriert sich vornehmlich auf die kôshiki in den Tempeln Sôjiji und Yôkôji. Im Zentrum dieser Studie sollen die vier kôshiki Rakan kôshiki, Nehan kôshiki, Butsuji kôshiki und Tôjô dentô kôshiki stehen.

Der Begriff kôshiki beschreibt nicht nur die liturgischen Texte sondern auch die Performance dieser Texte und die entsprechende Zeremonie als Ganzes. Daher sind neben den textuellen auch die performativen Aspekte der kôshiki mittels eines interdisziplinären Ansatzes zu untersuchen.

In der Entstehungsphase einer Sôtô-Zen-eigenen Ritualtradition kann ein inter-performatives Beleihen (KÖPPING 2004) zwischen den Sôtô-Zen-Linien und anderen buddhistischen Traditionen Japans nachgewiesen werden. Die japanischen Zen-Mönche kopierten nicht einfach den chinesischen Chan-Buddhismus, sondern passten diesen an das japanische Umfeld an. Ferner kann eine Analyse des Austausches zwischen den verschiedenen Linien Elemente einer von allen buddhistischen Traditionen geteilten religiösen Kultur aufzeigen und so zu einem umfassenderen Verständnis des japanischen Buddhismus im Mittelalter beitragen.

In der weiteren Entwicklung der kôshiki liegt mein Augenmerk auf den Veränderungen, welche diese Rituale im Laufe der Zeit immer wieder erfuhren. Es soll gefragt werden, welche liturgischen Texte und/oder rituelle Elemente wann verändert wurden und welche invariant blieben, welche Faktoren zur Umwandlung führten, welche Mönche diese Entwicklung beeinflusst haben, und wie Veränderungen zu dem sozio-historischen Kontext standen. In dieser Weise soll diese Arbeit eine Langzeitstudie zu der rituellen Dynamik der kôshiki in der Sôtô-Schule über ungefähr sieben Jahrhunderte hinweg darstellen und einen Beitrag zu der gegenwärtigen Neubewertung des Zen-Buddhismus leisten.