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Performativität in japanischen Kultur

 

Gastvortrag von PD Dr. Jens Heise (Berlin/Heidelberg)

Seit seiner Einführung in der Sprechakttheorie ist der Begriff der Performanz wegen seiner Vieldeutigkeit umstritten. Schon bei Austin war Performanz funktionell und zugleich phänomenologisch bestimmt. Diese Doppelperspektive macht Performativität auch für die Kulturwissenschaften attraktiv. Einige Stichworte zur theoretischen Orientierung am Performativen:

Performativ ist eine Äußerung oder symbolische Handlung, die das, was sie bezeichnet, zugleich auch vollzieht. Damit wird die Unterscheidung zwischen Wort und Sache, zwischen Zeichen und Nicht-Zeichen außer Kraft gesetzt; fraglich werden dann auch alle Repräsentationsmodelle. Dagegen kommt in den Blick, was in der Repräsentation verschwindet: Dinghaftigkeit, Körperlichkeit, Materialität, Oberflächen und Außenseiten. Charakteristisch für die Konstitutionsleistung performativer Äußerungen ist, dass sie zwischen Symbolischen und Nicht-Symbolischen verlaufen. Das "Ja" in der Ehezeremonie ist zugleich sprachliche Äußerung und Begründung einer Lebensform; es bezieht sich auf außersprachliche Konventionen und auf den diskursiven Akt der Rezitierung.

Als kulturwissenschaftliches Paradigma ist Performativität nicht verständlich ohne die performative Wende in den Künsten seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts. So stellt sich die Frage nach performativer Orientierung in der Kultur selbst. Für Japan lässt sich die Vermutung gut begründen, dass wir es mit einer stark performativ eingestellten Kultur zu tun haben. Dieser Vermutung möchte ich an zwei Beispielen nachgehen:

  1. In ihrem Forschungsprojekt "Situated Meaning" zeigt Jane Bachnik, dass Bedeutung in der Gesellschaft und Kultur Japans pragmatisch ausgerichtet ist. Im Unterschied zu einer semantischen Perspektive, die auf Inhalte eingestellt ist, die idealerweise kontextfrei sind, ist für eine pragmatische Einstellung entscheidend, wie etwas mitgeteilt wird. Kontext und Situation sind Teile der Bedeutung, deswegen spielt Indexikalität in Japan eine so gewichtige Rolle.  
  2. In seiner "Ethik" legt Watsuji dar, dass anthropologische Selbstbestimmungen in der japanischen Kultur nur verständlich werden können, wenn wir Subjektivität in ihrer Verschränkung von innen und außen denken, als Materialität und Verkörperung. Menschliche Existenz hat deswegen eine Außenseite, von der wir nicht absehen können. Deswegen gehört subjektive Räumlichkeit (shukanteki kukansei) zu den zentralen Begriffen in Watsujis Anthropologie.

Beide Beispiele stehen für performative Orientierungen in der japanischen Kultur. Das wäre hier die These.