Dissertationsprojekt Nicole Fujimoto (Exposee)
Form und Funktion von yôkai in der edozeitlichen Bildheftliteratur
(Betreuung: Prof. Dr. Klaus Vollmer)
In der Edo-Zeit (1603-1868), besonders seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, brachten die zu Wohlstand gekommenen Angehörigen einer neuen städtischen Bürgerschicht eine stark kommerzialisierte Populärkultur hervor. Dazu zählt neben Kabuki- und Puppentheater sowie Farbholzschnitten (ukiyoe) die Bildheftliteratur, die in für die damalige Zeit erstaunlich hohen Auflagen produziert und verkauft wurde.
Die von der japanischen Forschung lange Zeit abwertend beurteilte bzw. vollkommen vernachlässigte populäre Bildheftliteratur (gesaku), besonders die unter ihnen literarisch wie künstlerisch anspruchsvolleren kibyôshi (Hefte mit gelbem Umschlag) erfahren vor allem seit den 90er Jahren zwar eine längst ausstehende Neubewertung. Dennoch sind Untersuchungen zu den Inhalten dieser Hefte rar. Eines dieser Inhalte sind yôkai, japanische Spukfiguren. In unzähligen Heften, teils parodistischer, teils satirischer Natur, spielen sie die Hauptrollen.
Auf dem japanischen Buchmarkt gab es in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom an nicht- oder populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen zu yôkai. Auch die wissenschaftliche Forschung wandte sich verstärkt Japans langer Tradition der yôkai-Vorstellungen und –Darstellungen zu. Dies geschah jedoch zu einem überwiegenden Teil aus volkswissenschaftlicher, teilweise auch religionswissenschaftlicher Perspektive.
Dieses Dissertationsprojekt will yôkai als zentrale Figuren der edozeitlichen Bildheftliteratur aus literatur- und medienwissenschaftlicher Perspektive beleuchten und die Fragen beantworten, welche Form yôkai als Heftfiguren in den kibyôshi annehmen und welche unterschiedlichen Funktionen sie dort erfüllen können. Dies dient der Erarbeitung einer neuen Sichtweise des ersten japanischen „yôkai-Booms“, als der man die mittlere und späte Edo-Zeit bezeichnen kann. Die Arbeit postuliert, dass es zahlreiche Gründe für die Beliebtheit der yôkai-Figuren sowohl auf der Seite der Produzenten als auch der Rezipienten gab, die weniger mit Fragen des (Aber-)Glaubens und traditionellen Vorstellungen zusammenhängen, als mit den Gegebenheiten, Wirkungen und Absichten des jeweiligen Mediums (Genres), also des kibyôshi. In der Arbeit werden 5 ausgewählte kibyôshi genauer untersucht und übersetzt.