Japan Zentrum
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Dissertationsprojekt Malitz (Exposee)

Ein Vergleich des offiziellen Nationalismus des japanischen Kaiserreichs mit dem offiziellen Nationalismus Thailands bis 1963

Betreuung: Prof. Dr. Klaus Vollmer

Ziel des Dissertationsvorhabens ist zum einen ein Vergleich der offiziellen Nationalismen des kaiserlichen Japans und Thailands und zum anderen die Überprüfung der Hypothese, dass der offizielle Nationalismus des Thailands der Nachkriegszeit von einer Kenntnis des japanischen Nationalismus des Kaiserreichs beeinflusst wurde.

Die politische und ökonomische Modernisierung Japans und Thailands machte die Entwicklung einer ideologischen Grundlage notwendig, um sowohl bestehende als auch die im Zuge der gesellschaftlichen Modernisierung neu entstehenden sozialen Kräfte in das Modernisierungsprojekt einzubinden. Hierfür wurde in beiden Ländern auf ein traditionelles und sakrales Verständnis rechtmäßiger Herrschaft zurückgegriffen. Gleichzeitig mussten sich die modernisierenden Eliten Japans und Thailands gegenüber den Kolonialmächten aber auch als die rechtmäßigen Regierungen säkularer Nationalstaaten darstellen, um den mit imperialistischen und orientalistischen Argumenten gerechtfertigten Angriffen auf die eigene Souveränität entgegenzuwirken und ungleiche Verträge erfolgreich neuverhandeln zu können. Der erste Teil des Dissertationsprojektes wird vergleichend untersuchen, wie im Rahmen der Modernisierungsprojekte innerhalb der offiziellen, staatsbildenden Nationalismen Japans und Thailands versucht wurde, die widersprüchlich erscheinenden Konzepte von traditioneller, sakraler Herrschaft und einer die Nation verkörpernden Regierung eines modernen Zentralstaates in Einklang zu bringen.

Der offizielle thailändische Nationalismus, der während der Regierungszeit Sarit Thanarats (1957-63) entwickelt wurde und sich bis in die Gegenwart als prägend erwiesen hat, weist eine interessante Übereinstimmung mit dem Nationalismus des kaiserlichen Japan auf. Diskursiv und symbolisch wird der Monarch als sakrosankter Inhaber der nationalen Souveränität, als Vater der Nation und als höchste moralische Autorität des Staates dargestellt. Die tatsächliche Regierungsgewalt liegt jedoch in den Händen einer nicht gewählten Elite, die ihre politische Macht durch ihre persönliche Bindung an die sakrale Monarchie rechtfertigen kann. Diese neue Darstellung und Rolle der thailändischen Monarchie nach dem Zweiten Weltkrieg stehen im deutlichen Gegensatz zur Zeit der absoluten Monarchie und der konstitutionellen Monarchie nach dem Putsch der Volkspartei (khana ratsadon) 1932. In der Zeit der absoluten Monarchie vor dem Putsch von 1932 wurde die  thailändische Monarchie in erster Linie als aufgeklärt und modern dargestellt, während in der Regierungszeit der Volkspartei versucht wurde, die legitimierende Funktion der Monarchie durch einen ethnischen Nationalismus und republikanische Symbolik zu ersetzen. Die Rückbesinnung auf die Monarchie nach dem Putsch von Sarit Thanarat (1957) und die symbolische und diskursive Darstellung des thailändischen Königs als eines brahmanischen Gottkönigs (devaraja) und eines gerechten Herrschers im Sinne der buddhistischen Tradition Südostasiens (dharmaraja) wird in der Literatur damit begründet, dass Sarit Thanarat im Gegensatz zu den Anführern der Volkspartei seine gesamte Ausbildung in Thailand erhalten hatte und somit keinen ausländischen Einflüssen ausgesetzt gewesen ist. Diese Argumentation berücksichtigt jedoch nicht die prägende Rolle, die der thailändische Schriftsteller, Politiker und Diplomat Wichit Wathakan auf die Ideologie des Regimes von Sarit Thanarat hatte. Das Interesse Wichit Wathakans an der erfolgreichen Modernisierung Japans ist bereits für die 1920er Jahre verbürgt; während des Zweiten Weltkrieges war er Außenminister Thailands und Botschafter in Japan. Von einer Kenntnis des Staats-Shintôs und dessen Potential, die Bevölkerung zu mobilisieren, kann ausgegangen werden.  Da Sarit Thanarat als Offizier der thailändischen Besatzungstruppen im Nordosten Burmas während des Zweiten Weltkrieges persönlichen Kontakt zur japanischen Armee in Südostasien hatte, kann außerdem angenommen werden, dass er auch selbst über diese Kenntnis verfügte.

Im Rahmen des zweiten Teils des Dissertationsprojektes sollen vor allem Primärquellen im japanischen Militärarchiv und dem Archiv des japanischen Außenministeriums daraufhin untersucht werden, in welchem Maße Einschätzungen japanischer Militärs und Diplomaten oder Protokollen von Gesprächen vorliegen, die ein ausdrückliches Interesse Wichit Wathakans und Sarit Thanarats am System des Staats-Shintô belegen.