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Kolloquium/Vortragsreihe zu aktuellen Themen im Sommersemester 2021

"Holocaust Template" und Holocaust-Musealisierung in japanischen Gedenkmuseen

06.05.2021 13:00 Uhr – 14:00 Uhr

ImAuschwitzPeaceMuseaum Rahmen des ERC-Projektes "Globalized Memorial Museums. Exhibiting Atrocities in the Era of Claims for Moral Universals" untersuchen meine Kolleg:innen und ich über 50 Gedenkmuseen, die sich thematisch sowohl mit dem Zweiten Weltkrieg in Europa und Asien, als auch mit den Genoziden in den 1990er Jahren im ehemaligen Jugoslawien und Rwanda befassen.

Dabei möchten wir die Annahme, wonach die Vorstellung vom Holocaust als Inbegriff des absoluten Bösen einen neuen universellen und insbesondere moralischen Umgang mit Gewalt- und Kriegsdarstellungen auch in Gedenkmuseen hervorrufen würde, kritisch hinterfragen und anhand zahlreicher Beispiele weltweit überprüfen.

Auschwitz Peace Museum Shirakawa (Fukushima Präfektur), Foto: privat

Einer der  in diesem Zusammenhang zu untersuchenden Trends ist das sogenannte "Holocaust Template". Dieses bezeichnet ein Set an architektonischen und ausstellungstechnischen Vorlagen, welche erstmals im United States Holocaust Memorial Museum (USHMM) in Washington D.C. und in Yad Vashem in Jerusalem Anwendung fanden. Inzwischen findet sich jedoch eine Vielzahl ähnlicher Ausstellungselemente in Gedenkmuseen weltweit, auch solchen ohne Holocaust-Bezug, weshalb den beiden Museen eine Vorbildfunktion zugeschrieben wird.
Zugleich kam es seit den 1990er Jahren auch vermehrt zu Gründungen von Holocaust-Museen in Ländern, die nur mittelbar etwas mit den Ereignissen in Europa zu tun hatten, so auch in Japan.
In meinem Vortrag präsentiere ich im ersten Schritt Beispiele der Holocaust-Musealisierung in Japan und gehe dabei der Frage nach, inwiefern dort globale Trends nachgezeichnet werden und welche Japan-spezifischen Besonderheiten zu finden sind. Im zweiten Schritt untersuche ich, ob sich Elemente des "Holocaust Template" auch in weiteren japanischen Gedenkmuseen, etwa zu den Atombomben-Abwürfen in Hiroshima wiederfinden lassen und in welchem Kontext diese zur Geltung kommen.

AndreHertrichAndré Hertrich studierte Neuere und neueste Geschichte, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte und Japanologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. In seiner Magisterarbeit beschäftigte er sich mit der westdeutschen sowie der japanischen Wiederbewaffnung und dem Aufbau zivil-militärischer Strukturen in der zuvor autoritären, nun demokratischen Bundesrepublik und Japan nach dem zweiten Weltkrieg. Nach einem einjährigen Forschungsaufenthalt am Deutschen Institut für Japanstudien (DIJ) in Tokyo studierte er den Master-Studiengang "Friedens- und Konfliktforschung" in Marburg. Seine Masterarbeit behandelte niederländische Kriegsverbrecherprozesse gegen japanische Soldaten u.a. wegen Zwangsprostitution von niederländischen Frauen und Mädchen, sowie die Bedeutung dieser Prozesse für erinnerungspolitische Debatten um das Thema der sogenannten "comfort women".
Am Internationalen Graduierten Kolleg "Formwandel der Bürgergesellschaft. Japan und Deutschland im Vergleich" der Universität Tokyo und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg setzte er seine am DIJ begonnenen Forschungen zu japanischen Militärmuseen fort. Diese beendete er schließlich mit einer kumulativen Dissertation mit dem Titel "Krieg und Kriegsverbrechen in Museen der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte. Militärische Erinnerungspolitik und museale Selbstrepräsentation", die er an der Universität Hamburg erfolgreich einreichte und verteidigte. Darin untersuchte er die museale Deutung bzw. Umdeutung von Krieg und Kriegsverbrechen in Militärmuseen als Orte der Traditions- und Sinnstiftung für Soldat:innen und der Repräsentation nach außen.
Seit 2019 ist er als Post-Doc Mitglied des European-Research-Counsil (ERC) Projekts "Globalized Memorial Museums", welches am Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien angesiedelt ist. Im Rahmen dieses Projekts forscht er zu Erinnerung an und Musealisierung des Asiatisch-Pazifischen Kriegs in japanischen Gedenkmuseen.