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Blickwinkel der Moderne in Japan

Künstlerische Konzepte Takehisa Yumejis

19.01.2012

Projektvorstellung von Sabine Schenk, M.A. (München)

Der Begriff Moderne wird und wurde nicht nur im Bezug auf die Kunst Japans auf sehr vielfältige Art und Weise interpretiert. Es lässt sich jedoch nicht bestreiten, dass die Vielfalt modernistischer Ansätze während der Taishō-Periode (1912-1923), die auch als kulturgeschichtliches Phänomen prägend für die Zeit von etwa 1900 bis in die frühen 1930er Jahre gedacht wird, besonders ausgeprägt ist. „Moderne“ als Aufbruch eines neuen Ausdrucks in Opposition zu einem etablierten Kanon der Darstellungskonventionen bildet den hinreichend bekannten Grundgedanken, der für Modernekonzepte der mitteleuropäischen Kunsttradition ausschlaggebend ist.

Betrachtet man nun industrialisierte Kulturräume auf globaler Ebene, lässt sich feststellen, dass diese Entwicklung sich als transkulturelles Phänomen darstellt. Einzelaspekte, wie die Einbeziehung von Alltagsdesign in den Kunstbegriff, primitivistische und exotisierende Stilemente, Gegenbewegungen zu Akademismus, überschwängliche Ornamentik und Romantisierung, sowie interkulturelle Anleihen charakterisieren Gemeinsamkeiten dieser Modernen.

Die Kunst des frühen 20. Jahrhunderts – respektive die der Taishō-Zeit – spiegelt in Japan ebenfalls solche Moderne-Symptome wider. Während nach der Öffnung Japans bis zur Wende zum 20. Jahrhundert eine Annäherung an die mitteleuropäische Kunsttradition im Vordergrund stand, stellte die Taishō-Zeit geradezu einen Schmelztiegel verschiedenster Stile dar, der eine Einbeziehung neuester Strömungen aus den Kunstmetropolen genauso reflektiert, wie eine sich herausbildende und sich zunehmend emanzipierende Vorstellung von japanischer moderner Kunst gegen den Hintergrund eines internationalisierten Kontext. Trotz scheinbarer Gemeinsamkeiten stellt sich hier die Frage, inwieweit das Konzept einer ästhetischen Moderne auf Japan übertragen werden kann.

Das vorliegende Dissertationsprojekt beschäftigt sich anhand von Manifestationen von „Moderne“, wie sie in Japan zum Ausdruck kommen, mit der Frage, welche theoretischen Konzepte für diese grundlegend sind. Im Zentrum der Betrachtung wird als Fallbeispiel der Künstler Takehisa Yumeji (1884-1934) stehen, der oft als „Utamaro der Taishō-Zeit“ oder „Pionier des Graphik-Designs in Japan“ bezeichnet wird. Yumeji – so sein Künstlername – war bisher kaum Gegenstand eingehender wissenschaftlicher Betrachtung im nicht-japanischen Sprachraum. Als schwer einzuordnender Sonderfall und dennoch signifikant im Kontext seiner Zeit ist Yumeji ein prominentes Beispiel dafür, wie sich in Japan die Rezeption von Modernevorstellungen und eine inhärente Interpretation in der Kunst entwickelten. Zu seiner Schaffenszeit nicht als „hohe Kunst“ verstanden, wurden seine Werke außerhalb von Japan kaum rezipiert, in Japan aber kam es bereits in den 1960er zu einer Umbewertung seines künstlerischen Beitrags. Bis heute ist die Popularität von Yumejis Illustrationen ungebrochen.

Neben einer durch populärwissenschaftliche Publikationen dominierten Literaturlage, wird Yumeji in jüngster Zeit von der japanischen wie auch englischsprachigen Kunstforschung behandelt (z. B. Naoi: 2011, Takahashi: 2010). Darüber hinaus beschäftigen sich in den letzten Jahren wissenschaftliche Arbeiten zunehmend mit Moderne-Phänomenen in Japan (z. B. Volk 2010).

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt darin, anhand von Bildmaterial und Quellen, Beiträge zu zeitgenössischen künstlerischen Ansätzen auszuwerten und sie mit Yumejis Schaffen und der zeitgenössischen Kunstwelt, sowie deren ausgewählter Vertreter zu kontextualisieren. Im Einzelnen wird die Arbeit dabei auf Phänomene wie unter anderem den Taishō-Romantizismus (Taishō-roman), den Lyrismus (jojō) und die Art-Nouveau-Rezeption in Japan eingehen, sowie die Rolle von Gebrauchsdesign und die Neubewertung der Druckgrafik berücksichtigen. Die Wechselseitigkeit der kulturellen Einflussbeziehungen innerhalb internationaler Strömungen moderner Kunst und deren theoretischer Hintergründe wird dabei besondere Beachtung finden.

Im Zentrum der Arbeit steht die Frage, welche theoretischen Grundlagen im Zuge der japanischen Modernerezeption adaptiert wurden (und welche nicht), und wie diese – exemplarisch dafür Yumejis Werk – in der Kunst umgesetzt wurden.

Den Schwerpunkt des Vortrags im Forschungskolloquium wird dem Einzelaspekt der Rezeption von Art Nouveau in Japan gewidmet sein, wobei besonders auf die Bedeutung von Inspirationsquellen und daraus resultierenden Bildzitaten eingegangen wird.