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Sektion Kunstgeschichte -- Session 2: Individuelle Vorträge

Ukiyogata rokumai byōbu. Die Weltreise eines gōkan-Romans

Jonas Rüegg

Ryûtei Tanehiko würde sich wohl im Grab umdrehen, wüsste er, welche Mühe man sich nur wenige Jahre nach seinem Tod im fernen Europa machte, um eines seiner Werke der hiesigen Leserschaft zugänglich zu machen. 1847 veröffentlichte der Wiener Linguist August Pfizmaier das erste europäische Faksimile eines japanischen Romans in voller Länge. Obwohl Ukiyogata rokumai byôbu oder "Sechs Wandschirme der vergänglichen Welt" in Japan nur wenig Beachtung fand, ermöglichte es sein Nachdruck zum ersten Mal, einen internationalen Diskurs über japanische Literatur und deren Übersetzung zu führen. Der Roman verbreitete sich in Westeuropa und Nordamerika und wurde bald zum Repräsentanten der japanischen Literatur schlechthin.
Während Europas Industrielle über direkten Handel mit Japan phantasierten, leisteten Geisteswissenschaftler einen zentralen Beitrag zur kulturellen Vorbereitung auf die kommerzielle Öffnung Japans. Wie auch die Rezeptionsgeschichte der Sechs Wandschirme zeigt, hing die Publikation von Übersetzungen, Grammatiken und Wörterbüchern zunächst von institutionellen Projekten ab. Seit den späten 1860er Jahren verstärkte sich aber die allgemeine Nachfrage nach den praktischen Produkten linguistisch-literarischer Forschung, sodass bereits 1871 der erste Verlag für Literatur in ostasiatischen Sprachen in Genf seine Tore öffnete. Das Interesse an den mittlerweile weitherum bekannten Sechs Wandschirmen veranlasste gar Verleger in Edo dazu, eine Neuauflage für die ausländische Leserschaft zu publizieren.
Die globale Rezeption der Sechs Wandschirme illustriert die systematische Erforschung Japans, die dem Japonismus in der Bildkunst vorausging und stellt unsere Vorstellung von dessen Entstehung als Nebeneffekt des Handels in Frage. Japans Ästhetik wurde in Europa nicht per Zufall als Verpackungsmaterial in Teekisten entdeckt, sondern eine systematische Erforschung ging seiner Entdeckung in der Kunst voraus. Linguistische Publikationen appellierten von Anfang an auch an die visuellen Sinne, womit sie das exotische Japan in die europäischen Salons brachten. So leisteten sie einen frühen Beitrag zur allgemeinen Japan-Begeisterung.

Utai'ehon. Nō-Theater in Bildern

Berenice Möller

Neben den gut bekannten Traktaten und Gesangsbüchern des Nō-Theaters gibt es eine wenig erforschte Gruppe von ca. 40 Manuskripten, die Libretti mit Illustrationen enthalten: utai'ehon. Datiert werden sie auf das späte 16. Jahrhundert bis ca. 1700. Zu dieser Zeit entwickelt sich das Theater vornehmlich in zwei Richtungen weiter: während das Shogunat es formalisiert (shikigakuka), findet gleichzeitig eine Popularisierung statt, besonders in Form von Laien-Schauspiel und -Gesang. Der nicht weiter bekannte Produktions- und Rezeptionskontext von utai'ehon steht in diesem Spannungsfeld.
Der Vortrag beleuchtet anhand eines Vergleichs, inwiefern sich frühere und spätere utai'ehon unterscheiden. Erste Ergebnisse intermedialer Beziehungen zwischen Aufführungen und den Malereien in utai'ehon, sowie unterschiedliches Layout beider Gruppen legen einen Wandel von Herstellung, Art der Rezeption und Erwartungshorizont der Rezipienten nahe.
Dieser Wandel wird schließlich mit der Entwicklungsgeschichte des Theaters verknüpft. Es zeichnet sich ab, dass die Untersuchung der Manuskripte besonders für die Popularisierung des Theaters und der Erforschung illustrierter Manuskripte allgemein bedeutsam ist.

Japanische Larven und Masken. Kunsthistorische und performative Aspekte

Tom Grigull

[tba]