Japan Zentrum
print

Links und Funktionen
Sprachumschaltung

Navigationspfad


Inhaltsbereich

Sektion Linguistik -- Session 2

Prosodischer Transfer während des Sprachwechsels. Die "Weiterweisung" und das Rezipientensignal in Nord-Ryukyu

Sugita Yūko 杉田優子

Sechs von acht in der UNESCO-Liste eingetragenen bedrohten Sprachen Japans liegen auf den Ryukyu-Inseln (Moseley 2010). Überall hat sich der Sprachwechsel [language shift] bereits (fast) vollzogen, und es werden heute überwiegend die lokalen Varietäten des Japanischen im Alltag gesprochen. Trotzdem kann man im lokalen Japanischen auf den Ryukyu-Inseln einige Spuren der Ryukyu Sprachen nicht nur auf der lexikalischen oder morphologischen, sondern auch auf der prosodischen Ebene feststellen. Mein Ziel ist zu überprüfen, inwieweit interaktionale Prosodie als Parameter für den Sprachwechsel auf den Ryukyu-Inseln betrachtet werden kann. Bezüglich des Sprachwandels ist es allgemein bekannt, dass die phonologischen Muster im Vergleich zu lexikalischen und morphosyntaktischen Mustern resistenter gegenüber Veränderungen sind (Bybee 2010). Hickey (1990) weist auch auf die rhythmische Übertragung des Irischen auf Irisch-Englisch hin, was teilweise auch mit der Syntax zusammenhängt.
Während die Prosodie für die Informationsverarbeitung sowie für die Interaktion eine wesentliche Rolle spielt, wird das Thema im Forschungsbereich der bedrohten Sprachen im Allgemeinen ausgeblendet (Himmelmann 2006). Intensiver erforscht wird die Prosodie hingegen im Bereich der Gesprächsanalyse und der Interaktionalen Linguistik (Auer/Selting 2001). Anlehnend an diese gesprächsanalytische Methodik, wird in meiner Untersuchung die Sprachgruppe der Nord-Ryukyu (Amami, Kunigami, Okinawa) aus der Sicht der interaktionalen Prosodie unter dem Gesichtspunkt der "Weiterweisung" unter die Lupe genommen. Unter "Weiterweisung" ist ein gesprächsorganisatorisches Mittel zu verstehen, das signalisiert, dass der Sprecher über eine bestimmte Einheit hinaus weitersprechen will (Gilles 2001).
Der Beitrag liefert anhand einer vorläufigen Analyse von Amami-Daten Belege dafür, dass (1) eine intersprachliche Übertragung von Prosodie (insbesondere Intonationskontur und Sprachrhythmus) zumindest bei bestimmten Generationen feststellbar ist: Die Prosodie, insbesondere der gelängte Vokallaut und die Intonationskonturen in der letzten Silbe, die typisch sind für die Weiterweisung in der Amami-Sprache, ist in der Weiterweisung im lokalen Amami-Japanischen desselben Sprechers nachweisbar, und dass (2) die intergenerationale Weitergabe auch beobachtbar ist: Die in (1) festgestellten prosodischen Eigenschaften fungieren oft als Sprechersignal, das unmittelbar ein Rezipientensignal hervorruft. Dieses Rezipientensignal (vom jüngeren Sprecher des Amami-Japanischen) ist durch eine adaptive Intonationskontur von (1) gekennzeichnet.

Reduplikation im modernen Japanischen. Evidenz aus einem webbasierten Korpus

Christoph Petermann

In der Präsentation möchte ich eine korpusbasierte Untersuchung vorstellen, die ich im Rahmen meiner Dissertation zur Reduplikation im modernen Japanischen durchführe.
Reduplikation ist bereits seit dem 19. Jahrhundert Gegenstand sprachwissenschaftlicher Untersuchungen. So bezeichnet sie beispielsweise Pott im Titel seiner 1862 erschienen Monographie zum Thema als "eines der wichtigsten Bildungsmittel der Sprache (vgl. Pott, August Friedrich (1862): Doppelung (Reduplikation, Gemination) als eines der wichtigsten Bildungsmittel der Sprache, beleuchtet aus Sprachen aller Welttheile. Lemgo, Detmold: Meyersche Hofbuchhandlung.). Wesentliche Themen in der Diskussion zur Reduplikation sind übersprachliche semantische Gemeinsamkeiten sowie die Rolle, die Reduplikation als Schnittstellenphänomen zwischen Morphologie und Phonologie einnimmt. Vor dem Hintergrund des Diskurses um regelbasierte vs. beschränkungsbasierte Ansätze in der Phonologie wird der Reduplikation reges Interesse zuteil.
Obwohl reduplikative Formen einen Teil des allgemeinen Wortschatzes des Japanischen ausmachen, besteht insbesondere hinsichtlich des Phänomens in der Gegenwartssprache erheblicher Forschungsbedarf: Die reduplikative Wortbildung im modernen Japanischen ist bisher kaum untersucht und Anknüpfungspunkte an den übersprachlich ausgerichteten Diskurs sind in der Literatur rar gesät.
Bei der korpusbasierten Untersuchung, die in der Präsentation vorgestellt werden soll, werden aus einem großen webbasierten Korpus (potentiell) reduplikative Formen elizitiert. Diese dienen als Datengrundlage für die Beschreibung der Reduplikation im Japanischen unter Rückgriff auf gebrauchsbasierte theoretische Ansätze.
In der Präsentation wird das Suchverfahren kurz vorgestellt und anhand ausgewählter Beispiele aus dem Korpus werden folgende Fragen diskutiert:

  • Lässt sich im modernen Japanischen überhaupt von Reduplikation sprechen?
  • Ist eine Abgrenzung von anderen Formen exakter Wiederholung möglich bzw. sinnvoll?
  • Werden durch Reduplikation neue Wortformen gebildet?

Die für die Präsentation geplanten Inhalte sind nicht nur im Zusammenhang mit dem Diskurs zur Reduplikation von Interesse. So sind für das Suchverfahren grundlegende Problemstellungen der Korpuslinguistik des Japanischen relevant. Die Frage nach Neubildungen berührt den Diskurs zu morphologischer Innovation und nicht zuletzt sind bei der Beschäftigung mit Reduplikation im japanischen grundsätzliche wortbildungstheoretische Überlegungen zu berücksichtigen.