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Sektion Politik -- Session 2: Zivilgesellschaft und bürgerliches Engagement in der japanischen Demokratie

Mobilisierungs- und Handlungsstrategien zur Ausweitung der direkten Demokratie in Japan. Die Bürgergruppe Minna de kimeyō

Juliane Schulz

Seit den 1990er Jahren sind in Japans Politik eine größere Rolle der Zivilgesellschaft und ein neues Verhältnis von Staat und Bürger zu beobachten. Dies zeigt sich u.a. in Ansätzen zu einer erweiterten Partizipation der Bürger am politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess.
Die Bürgergruppe Minna de kimeyō, die im Juni 2011 nach der Dreifachkatastrophe in Japan gegründet wurde, fordert, in die Entscheidung über die Zukunft der Kernenergie auf kommunaler und nationaler Ebene direktdemokratische Elemente einzubeziehen. Zu diesem Zweck soll ein nationales Referendum über die Zukunft der Kernenergie abgehalten werden. Das primäre Ziel der Bürgergruppe ist jedoch nicht die Abschaffung der Kernenergie an sich, sondern die Aufklärung und die Mobilisierung der Bürger, sich an der politischen Willensbildung zu beteiligen und die direktdemokratische Einflussnahme als Mittel der Partizipation einzufordern. Dabei unterscheiden sich die Aktivitäten von Minna de kimeyō grundlegend von anderen sozialen Bewegungen im Umfeld der Kernenergie-Problematik. Denn die Gruppe instrumentalisiert zwar das emotional aufgeladene Thema Kernenergie, um für ihr Anliegen, nämlich mehr direkte Mitbestimmung der Japaner, zu werben. Sie mobilisiert aber die Bürger nicht an den Standorten der Kernkraftwerke, sondern in den großen Städten, die eigentlich Nutznießer der Kernenergie sind.
Dieses Referat analysiert die Mobilisierungs- und Handlungsstrategien, mit denen die Bürgergruppe Minna de kimeyō direktdemokratische Elemente der japanischen Gesellschaft vermitteln will, und geht der Frage nach, ob dies ein Weg sein kann, die Ausweitung direkter Demokratie in Japan zu beschleunigen.

Das Internet als Ausweg? Medienstrategien japanischer Anti-Atomkraft-Akteure in Zeiten erhöhter medialer (Selbst)Kontrolle

Anna Wiemann

Die mediale Darstellung des Anliegens einer sozialen Bewegung spielt laut Gamson und Wolfsfeld (1993:116) für Bewegungsakteure eine entscheidende Rolle für "mobilization, validation, and scope enlargement". Soziale Bewegungen sind darauf angewiesen, dass sie auch nicht involvierte Bevölkerungsteile medial erreichen, dass die Darstellung in den Medien ihre Glaubwürdigkeit erhöht und dadurch ihre relative Machtposition stärkt. Eine mediale Nicht-Darstellung gleicht der Nicht-Existenz einer Bewegung. Seit dem Atomunglück im März 2011 lassen sich in Japan verstärkt Tendenzen einer (Selbst)Kontrolle der Massenmedien bezüglich des Themas Atomkraft beobachten. Auf der Basis der Auswertung qualitativer Interviews mit Bewegungsakteuren im Zeitraum zwischen September 2013 und Mai 2014 geht dieser Artikel der Frage nach welche Medienstrategien die Akteure verfolgen und auf welche Weise sie weitestgehend unkontrollierte Internetmedien in ihre Strategie integrieren.