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Sektion Politik -- Session 4: Japanische Politik im Spannungsfeld von Regionalisierung und Territorialkonflikten

Weniger Transparenz ist mehr? Diskurse über Lebensmittelstandards in Post-Fukushima Japan

Cornelia Reiher

Lebensmittelsicherheitsstandards wurden in Japan in den letzten Jahren vor allem wegen der radioaktiven Kontaminierung von Lebensmitteln nach der Atomkatastrophe und wegen Japans Eintritt in die Trans-Pacific Partnership (TPP) thematisiert. Die Grenzwerte für radioaktive Substanzen in Japan wurden 2011 verabschiedet und 2012 revidiert. Im Zusammenhang mit der TPP wird die Senkung von Pestizidgrenzwerten sowie von Standards für genetisch veränderte Lebensmittel und Zusatzstoffe in Lebensmitteln befürchtet. Der Beitrag vergleicht Diskurse über Lebensmittelstandards im Kontext beider Ereignisse und argumentiert, dass Lebensmittelstandards Blackboxes sind, durch die die Komplexität von Akteuren und Aushandlungsprozessen, die am Zustandekommen von Lebensmittelstandards beteiligt sind, unsichtbar bleiben. Im Fall der Grenzwerte für Radioaktivität wurde mit der Festlegung strengerer Grenzwerte im April 2012 die Blackbox kurzfristig geöffnet und Raum für Diskussionen über die Kriterien, auf deren Basis die Werte bestimmt wurden, geschaffen. Mittlerweile werden Kritiker aber mit dem Verweis auf die neuen und niedrigeren Grenzwerte zum Schweigen gebracht. Auch im Fall der TPP-Verhandlungen spielten Lebensmittelsicherheitsstandards in der Argumentation von Befürwortern und Gegnern eine wichtige Rolle. Beide Lager tasteten aber die Blackboxes selbst nicht an und griffen Aspekte von Standards heraus, die für ihre Argumentation hilfreich waren.
Der Beitrag untersucht und vergleicht diskursive Strategien und die komplexen Netzwerke von Akteuren, die an der Konstruktion von Lebensmittelstandards beteiligt sind. Der Fokus der Analyse liegt auf den Partizipationsmöglichkeiten japanischer Bürger an Entscheidungen, die für ihre Gesundheit von großer Bedeutung sind. Ich argumentierte, dass die Festlegung von Lebensmittelstandards ein undemokratischer und intransparenter Prozess bleibt und zeige Folgen für die japanische Gesellschaft auf.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der politischen Schocks durch den Senkaku/Diàoyú-Disput 2010 und 2012

Franziska Schultz

Obwohl Japan und China seit Jahrzehnten sehr intensive Wirtschaftsbeziehungen zueinander unterhalten, ist das politische Verhältnis von diplomatischen Spannungen überschattet. Der Streitpunkt mit dem höchsten Eskalationspotential ist der Territorialkonflikt um die Senkaku/Diàoyú-Inselgruppe. In Form sogenannter "politischer Schocks", d.h. plötzlicher, mit dem Konflikt in Verbindung stehender innenpolitischer Ereignisse, tritt dieses Streitfeld seit der diplomatischen Normalisierung in den 1970ern wiederholt an die Oberfläche. Deshalb werden die bilateralen Beziehungen häufig als "politically cold, economically hot" (seirei keinetsu) charakterisiert. Diese Betrachtungsweise geht davon aus, dass politische Schocks keine Auswirkungen auf die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen haben. Es gab jedoch 2010 und 2012 zwei Beispiele politischer Schocks durch den Senkaku-Disput, die einen "spillover" auf verschiedene Bereiche des wirtschaftlichen Austauschs verursachten. In diesem Vortrag sollen anhand dieser beiden Beispiele Möglichkeiten und begrenzende Mechanismen wirtschaftlicher Auswirkungen politischer Schocks aus der Perspektive verschiedener Theorien der Internationalen Beziehungen von Raymond Fisman (2012), Christina Davis and Sophie Meunier (2007) und Scott L. Kastner (2007) analysiert werden. Durch Chinas rapides Wirtschaftswachstum und seinen Aufstieg zur Weltmacht haben sich die bilateralen Machtverhältnisse zugunsten der Volksrepublik verschoben. Zusätzlich erfolgte von den 1980er Jahren bis heute eine allmähliche Umkehr der wirtschaftlichen Dependenz zum Vorteil Chinas und zu Ungunsten Japans durch die abnehmende Bedeutung Japans als Handelspartner der Volksrepublik sowie Veränderungen der bilateralen Handelsstruktur. Obwohl sich durch diese Entwicklungen Chinas wirtschaftliche Abhängigkeit von Japan stark verringerte, was der Volksrepublik bei politischen Spannungen den Einsatz wirtschaftlicher Druckmittel erlaubt und wirtschaftliche "spillover" 2010 und 2012 ermöglichte, wirken noch immer starke begrenzende Mechanismen gegen Auswirkungen politischer Schocks auf die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen.

Abes außenpolitischer Ansatz vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Interdependenzen und sicherheitspolitischer Herausforderungen

David Adebahr

Die intensiveren Sicherheitsbemühungen Japans sind Ausdruck einer Außenpolitik, die bereits in den 1990er Jahren und vermehrt nach 2001 eingeleitet wurde. Mit Hilfe des Interdependenz-Ansatzes untersucht dieses Paper, inwieweit die zunehmende Etablierung multilateraler Sicherheits- und Wirtschaftsregime in der Region für die Abe-Administration eine Möglichkeit darstellen, die gestiegene asymmetrische ökonomische Abhängigkeit von China auszubalancieren.
Ferner argumentiert dieses Paper, dass die Abe-Administration durch den Ausbau militärischer Kapazitäten auf Risiken antwortet, die aus einer einseitigen Kooperation mit den USA, den fear-of-entrapment-Gefahren nach 9/11 und einer gesteigerten Bedrohungsperzeption in Ostasien erwachsen.