Japan Zentrum
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Sektion Recht

Sektionsleitung: Moritz Bälz (Frankfurt)
Kontakt: lehrstuhl-baelz@jura.uni-franfurt.de

Raum: AU 113
Zeit: Timeslot 1-3 (Mittwoch 13:30-15:00, 15:30-17:00 und Donnerstag 09:00-10:30)

Recht als Verwirklichung individueller Ansprüche in Japan. Diskurse und Anwendungen

Ein wiederkehrender Topos in der Auseinandersetzung mit dem japanischen Recht und seinen Eigenheiten ist die Frage, ob Recht in Japan in ähnlicher Weise wie in den Rechtsordnungen Kontinentaleuropas und des Common Law als Durchsetzung subjektiver Rechte begriffen und gelebt wird. Die Sektion Recht soll der Frage nachgehen, inwieweit eine schwächer verwurzelte Vorstellung von subjektiven Rechten tatsächlich als ein Charakteristikum des japanischen Rechts gelten kann.
Historisch, so ist argumentiert worden, sei Recht im vormodernen Japan primär Verwaltungs- und Strafrecht (ritsuryō), während die römisch-kontinentaleuropäische Tradition stärker die individuellen Ansprüche zwischen Privaten betone. Der heute übliche japanische Begriff des subjektiven Rechts (kenri) sei nicht ohne Grund erst im Zuge des westlichen Einflusses gebräuchlich geworden. Lange schon diskutiert wird, inwieweit die bis heute auffallend geringe Prozessdichte in Japan auf ein besonderes Rechtsbewusstsein zurückzuführen ist. Kaum bestreiten lässt sich, dass in einigen Rechtsgebieten, beispielsweise im Verbraucherschutzrecht, der Schutz des Einzelnen stärker als etwa in Deutschland durch Verwaltungsrecht statt durch Normierung durchsetzbarer privater Ansprüche gewährleistet wird. Im Rahmen der Verfassung, die bekanntlich stark US-amerikanisch beeinflusst ist, werden als individuelle Schutz- und Leistungsansprüche formulierte Artikel oft als bloße Programmsätze ausgelegt.
Andererseits finden sich auch in Japan zahlreiche Beispiele für eine energische Verfolgung individueller Ansprüche, und zwar durchaus schon in der Vormoderne. Vieles deutet darauf hin, dass die geringe Inanspruchnahme der Gerichte in der Vergangenheit primär institutionellen Hürden und weniger kulturellen Prädispositionen geschuldet ist. Beispielsweise verteidigen japanische Unternehmen ihre Patente inzwischen auch aggressiv durch Gerichtsprozesse. In kaum einem Land werden heute mehr Aktionärsklagen erhoben als in Japan. Die umfassende Justizreform in der letzten Dekade zielte maßgeblich darauf, die Durchsetzung individueller Rechte zu erleichtern. Gleichzeitig werden neue Rechte postuliert, ausländischen Rechtsordnungen entlehnt oder aus internationalen Konventionen übernommen. Auch soweit die schwach ausgeprägte Vorstellung subjektiver Rechte in der Vergangenheit mehr war als eine Konstruktion, vollzieht sich gegenwärtig möglicherweise ein weitreichender Wandel im japanischen Verständnis von Recht.

Session 1: Aufriss und historische Perspektive

  • Moritz Bälz: Subjektive Rechte in Japan. Politische Einforderung, gesetzgeberische Gewährung, prozessuale Durchsetzung. Ein Problemaufriss
  • Harald Fuess: Markenschutz in der japanischen und ostasiatischen Geschichte um die Jahrhundertwende
  • Hiroki Kawamura: Translation subjektiver Rechte und die Bewegung für Freiheit und Bürgerrechte (Jiyū minken undō)

Session 2: Allgemeines Zivilrecht

  • Marc Dernauer: Die Rolle des öffentlichen Rechts im Vertragsrecht bei der Wahrung der Interessen von Verbrauchern und anderen schutzbedürftigen Vertragspartnern
  • Julius F.W. Weitzdörfer: Aggressive Rechtsdurchsetzung in Japan. Die illegale Eintreibung und legale Rückforderung wucherischer Darlehenszinsen
  • Christian Förster: Von Gummi-Enten und Atomkraftwerken. Individuelle Ansprüche aus Gefährdungshaftung

Session 3: Spezielle Rechtsgebiete

  • Harald Baum: Shareholder Value und die Durchsetzung von Aktionärsrechten in Japan
  • Daniel Kremers: Cause lawyering in Japan. Kampf um Arbeitnehmerrechte für temporäre Arbeitsmigranten
  • Kazushige Doi: Subjektive Rechte auch für Tiere? Zur Entwicklung des Tierschutzes in Japan